Futteretiketten sind eine wichtige Informationsquelle, um Eignung, Qualität und Zusammensetzung des Futters zu beurteilen. Ein korrektes (!) Futteretikett gibt Auskunft über Inhaltsstoffe, Zusammensetzung und wichtige Zusatzstoffe. Doch wie liest Du die Angaben richtig und was muss überhaupt drauf auf den Futtersack? Dieser Artikel hilft dir dabei, die relevanten Informationen zu erkennen und richtig beurteilen zu können:
Futtermittel-Hersteller haben ganz konkrete Vorgaben, was sie auf ihre Produkte aufdrucken müssen - die sogenannte Deklarationspflicht. Diese Informationspflicht kommt aus der Futtermittelverordnung (FMV) - oder in kompliziert ausgedrückt, aus der VERORDNUNG (EG) Nr. 767/2009 der EU über "das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln".
Übrigens gelten diese Vorgaben nicht nur für den Hersteller an sich, sondern auch für jeden, der Futtermittel in Verkehr bringt, also verkauft. Auch Händler sind somit gezwungen, auf die Einhaltung zu achten und Futtermittel, von denen sie wissen oder annehmen müssen, dass diese den Kennzeichnungsvorschriften nicht entsprechen, auch nicht anzubieten.
Was muss drauf?
Aber sehen wir uns doch mal etwas genauer an, was auf den Futtersack drauf gehört. Die Deklarationspflicht enthält:
Die Nennung des Futtermittelherstellers inklusive Name und Anschrift
Den Produktnamen
Hier gilt übrigens Vorsicht: Nur weil "Sport Müsli" oder "... für Spezialrassen" im Namen enthalten ist, heißt das nicht, dass das Produkt tatsächlich auch für das jeweilige Pferd geeignet ist. Ausschlaggebend sind immer Zusammensetzung und Inhaltsstoffe - dazu aber gleich mehr.
Den Namen der Ziel-Tierart (In unserem Fall also z.B. der Aufdruck "für Pferde")
Die Zweckbestimmung: Handelt es sich um ein Ergänzungs-. Allein-, Mineral- oder Diätfuttermittel? Zu welcher Futtermittelart ein Produkt zugeordnet wird, ist natürlich - wie sollte es auch anders sein - ebenfalls festgelegt:
Ergänzungsfuttermittel sind Mischfutter, das heißt sie bestehen aus mindestens zwei Komponenten. Aufgrund seiner Zusammensetzung ist es als alleiniges Futtermittel nichts bedarfsdeckend, muss also "in Ergänzung" zu anderen Futtermitteln eingesetzt werden. Die meisten Müslis, Pulver oder Pellets fallen unter den Begriff der Ergänzungsfuttermittel.
Alleinfuttermittel sind in der Pferdebranche sehr selten und haben daher praktisch keine Bedeutung. Laut Definition müsste das nämlich ein Futter sein, das "aufgrund seiner Zusammensetzung für eine tägliche Ration allein ausreicht und alle Nährstoffe in ausreichender Menge liefert". Das heißt, es müsste - außer dem Alleinfuttermittel - kein anderes Futter mehr zu gefüttert werden. Dies ist im Pferdebereich praktisch nicht möglich.
Im Hinblick auf die Mengen- und Spurenelementversorgung unterscheiden wir zwischen mineralisierten Ergänzungsfuttermittel (Rohaschegehalt < 40%) und tatsächlichen Mineralfuttermitteln (Rohaschegehalt > 40%). Man kann hier jedoch nicht sagen, dass eines "besser" oder "schlechter" wäre als das andere - vielmehr kommt es auf den Einsatzzweck an. In mineralisierten Ergänzungsfuttern finden wir oftmals zusätzlich zu z.B. Spurenelementen auch Vitamine, Aminosäuren oder Antioxidantien, weshalb der Rohaschegehalt kleiner ausfällt. Trotzdem kann dieses Futtermittel unter Umständen für das jeweilige Pferd sehr gut geeignet sein, da es mehrere Bedarfe gleichzeitig abdecken kann.
Der Begriff "Diätfuttermittel" ist streng definiert. Diese Futtermittel besitzen sogar eine eigene Verordnung - die (EU) 2020/354 zur "Erstellung eines Verzeichnisses der vorgesehenen Verwendungen von Futtermitteln für besondere Ernährungszwecke". Das heißt, es handelt sich bei solchen Produkten um spezielle Futtermittel mit einer gesonderten Zulassung. Diese Produkte sollten die Regeneration funktionsbeeinträchtigter Organe fördern und haben mitnichten etwas mit der herkömmlichen Diät - also der Gewichtsabnahme - zu tun. Der Begriff „Diät“ ist somit geschützt und darf auf Futtermitteln, die nicht als Diätfuttermittel im Sinne der Verordnung zugelassen und gekennzeichnet sind im Übrigen auch nicht verwendet werden!
Die Inhaltsstoffe oder analytische Bestandteile. Diese Angaben betreffen die chemische Zusammensetzung: In der Pferdefütterung trifft man hier auf die Begriffe Rohprotein, Rohfaser, Rohasche und Rohfett. Sie geben also Infos über den Nährstoffgehalt, dienen als Anhaltspunkte für die Beurteilung des Futtermittels und ermöglichen uns zum Beispiel auch den Vergleich zwischen verschiedenen Produkten.
Bei der Zusammensetzung gilt die sogenannte "halboffene Deklaration". Das heißt, dass die Hersteller die im Produkt verwendeten Zutaten in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils angeben müssen. Einige Hersteller legen die Zusammensetzung auch komplett offen und geben zusätzlich die genauen prozentualen Anteile an. Da sie damit aber auch ihre Rezeptur offenlegen, ist dies eher selten der Fall.
Unter der Rubrik Zusatzstoffe fallen alle Stoffe, die dem Futtermittel zugesetzt wurden, um z.B. fehlende Nährstoffe zu ergänzen, das Futtermittel schmackhafter oder auch haltbarer oder besser lagerfähig zu machen. Hier finden wir also verschiedene Stoffe, von Vitaminen, über Spurenelemente, Antioxidantien, Bindemittel bis hin zu Konservierungsstoffen. In einigen Deklarationen werden diese auch nochmal nach ihrer Funktionsgruppe aufgeteilt, z.B. nach ernährungsphysiologischen, zootechnischen oder technologischen Zusatzstoffen.
Im Übrigen gibt es auch hierzu eine gesondere Verordnung - nämlich die "Verordnung (EG) Nr. 1831/2003" (Futtermittelzusatzstoff-Verordnung). Diese schreibt vor, dass niemand einen Futtermittelzusatzstoff in Verkehr bringen, verarbeiten oder verwenden darf, sofern nicht eine entsprechende gemeinschaftliche Zulassung erteilt wurde. Ein Hersteller darf also nicht alles beimischen, was er gerne hätte, sondern muss sich auch hier an Regularien halten. Die Liste der zugelassenen Zusatzstoffe kannst du hier abrufen.
Außerdem muss angegeben sein, in welcher Form die Zusatzstoffe enthalten sind. Aus der Angabe "Kupfer 1800mg" könnten wir beispielsweise nicht entnehmen, ob die 1800 mg nun in organisch gebundener Form oder in anorganisch gebundener Form enthalten sind. Aus dem Aufdruck "Kupfer aus Aminosäure-Kupferchelat, Hydrat 3b406" wissen wir hingegen genau, um welche Kupferverbindung es sich handelt und gleichzeitig auch, dass diese zugelassen ist - 3b406 ist nämlich die entsprechende Zulassungsnummer nach der Futtermittelzusatzstoff-Verordnung.
Deklaration mit ordnungsgemäßer Angabe aller verwendeten Inhalts- und Zusatzstoffe Die Empfehlungen zur ordnungsgemäßen Verwendung (z.B. in Form von Tageshöchstmengen, Dosierungsangeben oder Fütterungsempfehlungen) sind ebenfalls Pflicht, wobei Dir hierbei klar sein sollte, dass die angebenenen Mengenempfehlungen mitnichten immer dem tatsächlichen Bedarf des Pferdes entsprechen. Man trifft hier gerne auf Formulierungen mit großen Spannungsweiten wie "100 - 500 g pro 100 kg Körpergewicht, abhängig von Leistung und Rasse", was bei einem 500kg schweren Pferd einer täglichen Futtermenge entsprechen würde, die irgendwo zwischen 500g und 2,5 kg liegt. Es handelt sich somit vielmehr um Empfehlungen, die individuell zu prüfen sind. Woher soll der Hersteller aber schließlich auch wissen, wie die Gesamtration aussieht und welchen Energiebedarf das jeweilige Pferd überhaupt hat? Eine genaue Mengenangabe können wir also immer erst nach einer Rationsberechnung bestimmen und nie aufgrund der Angaben auf dem Futtermittel selbst.
Darüber hinaus müssen noch ein Mindesthaltsbarkeitsdatum sowie Einzelheiten zur Rückverfolgbarkeit wie Chargen- oder Kennnummer der Partie und das Nettogewicht angegeben sein.
Im Übrigen gehört die Deklaration mit all diesen Informationen immer direkt an das jeweilige Futtermittel, im Idealfall also als Aufkleber auf der Verpackung oder als fest fixierter Zettel am Futtersack. Eine Liste irgendwo in den Tiefen der Internetseite des Herstellers reicht dafür nicht aus.
Freiwillige Angaben
Zusätzlich zu den oben aufgeführten Pflichtangaben können die Hersteller natürlich auch noch weitere Infos aufzudrucken. Hierzu zählen zum Beispiel
Der Gehalt an dünndarmverdaulichem Rohprotein (dvRp oder dvXp). Dieser Wert beschreibt den vom Pferd auch tatsächlich nutzbaren Anteil des Gesamtproteins im Futter. Ausschlaggebend für die Proteinqualität ist also weniger das Gesamt-Rohprotein, sondern das dünndarmverdauliche Rohprotein, auch praecaecal verdauliches Rohprotein genannt.
Zucker- & Stärkegehalte
Hinweise zu Dopingrelevanz und Karenzzeiten (Dass diese Angabe freiwillig ist, heißt im Umkehrschluss, dass du - sofern du ein Turnierpferd besitzt - selbst dafür verantwortlich bist, die Zusammensetzung auf eventuell dopingsrelevante Stoffe zu prüfen. Nur weil keine Angabe auf dem Produkt vorhanden ist, heißt das nicht automatisch dass das Produkt unbedenklich ist. Hierzu müsste die konkrete Formulierung "ADMR-Konform" abgedruckt sein!)
Hinweise zu den verwendeten Rohstoffen, zum Beispiel in Bezug auf Anbaubedingungen (Bio, Lokaler Anbau usw.), erfolgten Qualitätskontrollen etc.
Lagerungshinweise
No-Go's
Neben den vielen Pflichtangaben, gibt es auch einige Dinge, die die Hersteller nicht aufdrucken dürfen. Darunter fallen alle Arten von Produktversprechen, die nicht belegbar sind. Denn Kennzeichnung, Werbung und Aufmachung von Futtermitteln dürfen den Kunden in keiner Form irreführen. Das heißt, die Aussage "Hilft bei Gelenksbeschwerden aller Art" ist in dieser Formulierung nicht zulässig. Korrekterweise müsste es zum Beispiel heißen "Kann sich positiv auf die Gelenke und Sehnen deines Pferdes auswirken und dabei helfen, die Gelenkschmiere deines Pferdes zu stärken, Gelenkbeschwerden zu lindern und die Beweglichkeit zu unterstützen."
Das mag sich kleinlich anhören, hat aber in der Praxis dennoch große Wirkung. Die Überwachungsbehörden sind übrigens berechtigt, Nachweise zur wissenschaftlichen Begründung von Angaben, also zum Beispiel eigene Forschungsergebnisse zu fordern, sobald ein Wirkversprechen angegeben wird.
Wie oben bereits erwähnt gibt es zudem verschiedene Begriffe, wie etwa "Diätfuttermittel", die geschützt sind und nicht ohne Weiteres verwendet werden dürfen.
Als Futterberaterin bin ich außerdem immer dann sehr skeptisch, wenn sich Hersteller und / oder Verkäufer nicht an die Deklarationspflicht halten - also eigentlich verpflichtende Informationen fehlen oder unvollständig sind. Eimer, Säcke oder Tüten ohne Aufdruck oder Beileger sind ein absolutes No-Go, genauso wie unvollständige Angaben über eingesetzte Stoffe oder deren Verbindungen.
In solchen Fällen gilt für mich ganz klar: Finger weg. Schließlich möchte ich doch wissen, was genau im Pferd landet.
Fazit
Puh, das ist schon ganz schön viel Inhalt auf so einem Futtersack, oder? Gleichzeitig sind all diese Infos enorm wichtig, um zu entscheiden ob das jeweilige Produkt für dein Pferd überhaupt geeignet ist oder nicht. Die richtige Fütterung deines Pferdes steht und fällt mit der korrekten Beurteilung der angebotenen Futtermittel am Markt. Lass dich nicht von Werbetexten oder schönen Bildern leiten, sondern von den Fakten. Die Deklaration ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel.
Die Deklaration zu verstehen, hilft dir bei der Vermeidung von Fütterungsfehlern und damit bei der Gesunderhaltung deines Pferdes.
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