Hilfe - mein Pferd hat "Magen" - Erste Hilfe bei Magengeschwüren und Co.
- Janine

- 8. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Wenige Erkrankungen begegnen mir in der Beratungspraxis so häufig wie Magenprobleme. Dabei ranken sich vielerlei Mythen und Meinungen um das richtige Vorgehen bei Magenpferden: Über Fütterung, Training und Management, insbesondere bei Magengeschwüren und Schleimhautreizungen gibt es bereits wahnsinnig viele Beiträge. Und doch sind Pferdebesitzer häufig hilflos was denn nun tatsächlich Sinn macht - und was nicht.
Heute bekommst du von mir daher drei Tipps, wie du deinem Pferd im Akutfall helfen kannst:
Tipp 1: Heu, Heu und nochmal Heu
Raufutter spielt eine ganz wichtige Rolle in Bezug auf die Magengesundheit. Um das zu verstehen müssen wir kurz etwas tiefer in die Verdauungsphysiologie einsteigen:
Im Magen des Pferdes wird kontinuierlich Magensäure produziert, genauer gesagt etwa 5-10 Liter pro 100 kg Körpergewicht. Die Produktion erfolgt 24 Stunden täglich und völlig unabhängig davon, ob das Pferd gerade frisst oder nicht.
Gegenspieler zur Magensäure ist Bicarbonat, welches im Speichel des Pferdes enthalten ist. Speichel wiederum fließt ausschließlich dann, wenn das Pferd kaut. Stellt das Pferd die Futteraufnahme ein, wird auch die Speichelproduktion eingeschränkt. In dieser Zeit findet somit keine Pufferung der Magensäure mehr statt, was auf Dauer zur Schädigung der empfindlichen Magenschleimhaut bzw. zur Verschlimmerung einer bereits bestehenden Reizung führen kann.
Die Menge des produzierten Speichels ist zudem abhängig vom Futtermittel: Bei rohfaserreichen Futtermitteln wie Heu wird deutlich mehr Speichel produziert als bei der Aufnahme konzentrierterer Futtermitteln wie in etwa Kraftfutter.
Anzahl Kauschläge | produzierte Speichelmenge | Aufnahmezeit | |
1 kg Heu (Frischmasse) | 2800 Kauschläge | 5 - 6 l | ca. 40 min. |
1 kg Kraftfutter, z.B. Hafer | 700 Kauschläge | 1 - 1,5 l | ca. 10 - 12 min. |
Bei Pferden mit akuten Magenbeschwerden sollte daher immer als einer der ersten Maßnahmen die Raufutterversorgung überprüft werden: mindestens 1,75 kg Heu, besser 2 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht sollte das Pferd pro Tag zur Verfügung haben, um entsprechende Speichelbildung und folgend auch Pufferung sicher zu stellen. Sofern es der Fütterungszustand zulässt ist auch eine Umstellung auf ad libitum Heu möglich.
Pferde mit Magenbeschwerden bevorzugen im Übrigen häufig Heu mit eher weicher Struktur. Solltest du also feststellen, dass dein Pferd nur wenig oder sehr zögerlich Heu frisst, die Futteraufnahme immer wieder unterbricht oder sogar einstellt, dann schau dir gerne einmal die Struktur genauer an und versuche wenn möglich auf ein kurzfaserigeres, weicheres Heu, zum Beispiel aus dem zweiten Schnitt umzustellen.
Tipp 2: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich
Größere Mengen Kraftfutter sind für die Magengesundheit nicht förderlich. Dies hängt zum einen wiederum an der Physiologie: Der Magen füllt sich schichtweise - das heißt, der Mageninhalt wird nach und nach in die tieferen Abschnitte weitergeleitet und verflüssigt. Dabei wird intensiv eingespeicheltes Futter wie zum Beispiel Heu - also Raufutter (TS-Gehalt < 20 %) offenbar schneller transportiert als konzentrierte Futtermittel (TS-Gehalt im Mageninhalt über 30 %). Nach größeren Mengen Kraftfutter ist der Magen aufgrund der schnellen Aufnahme und eher langsamen Entleerung somit temporär stärker gefüllt als bei Zuteilung gleicher Mengen Raufutter.
Generell empfehle ich bei akuten Magenbeschwerden immer erst einmal, alles wegzulassen was nicht unbedingt nötig ist - insbesondere im Hinblick auf Zusatzfuttermittel, Pülverchen, Kräuter und Co. Ausreichend Heu sowie ein abgestimmtes Mineralfutter sind in der Akutphase in der Regel völlig ausreichend. Es gilt: Je weniger konzentrierte Futtermittel, desto besser.
Braucht dein Pferd zwingend Kraftfutter, weil es zum Beispiel sehr untergewichtig ist oder Heu nur eingeschränkt aufnehmen kann, solltest du bei der Futterauswahl auf einige Dinge achten:
Verzichte auf leicht verdauliche Kohlenhydrate sowie größere Mengen Stärke oder Zucker.
Setze gerne Feuchtfutter, d.h. eingeweichte Futtermittel wie z.B. Heucobs, Mash oder Schlonzi bzw. pektinhaltige Futtermittel wie z.B. Rübenschnitzel (unmelassiert) ein.
Insgesamt solltest du deinem Pferd nicht mehr als max. 0,4 - 0,5 kg Kraftfutter pro 100 kg Körpergewicht vorsetzen. Magenschonend ist es außerdem, das Kraftfutter auf so viele Portionen wie möglich aufzuteilen.
Tipp 3: Bewegung ja, Training nein
Magenpferde in Boxenruhe zu stellen ist genauso fehl am Platz wie die Pferde "ganz normal" weiter zu trainieren. In der Akutphase gilt: Viel freie Bewegung und gerne auch viel Weidegang wenn das Pferd bereits angeweidet und daran gewöhnt ist. Paddock. und Weidegang stillt den natürlichen Bewegungsdrang, sorgt für eine bessere Verdauung und senkt den Stresspegel - alles Dinge, die für die Heilung unverzichtbar sind.
Das Training hingegen sollte deutlich heruntergefahren werden. Intensive Einheiten mit viel Trab oder Galopp sind tabu - stattdessen sollte der Spaß im Fokus stehen: Was macht dem Pferd Freude? Wo macht es gerne mit? Das "richtige" Pensum ist dabei ganz individuell, in jedem Fall sollte sich die Arbeit jedoch unterhalb der Leistungsgrenze abspielen.
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