Kaum eine Frage wird mir öfter gestellt, als die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Heuanalyse sowie dem Procedere hinter der Beauftragung einer solchen Untersuchung. Daher heute für Dich einen kleinen Überblick zum Thema "Was, Wann und Wie sollte ich mein Heu testen lassen":
Heuanalyse - was ist das überhaupt?
Bei einer "Heuanalyse" (streng genommen müssen wir es Raufutteranalyse nennen, genauso könnten wir nämlich auch Stroh, Heulage oder Silage testen. Da sich jedoch 90% der Anfragen um Heu drehen lassen wir das mal so stehen und beziehen uns heute nur auf Heuuntersuchungen) geht es primär darum, einen Überblick zu bekommen
ob das Heu überhaupt zur Fütterung geeignet ist,
wie genau das Heu zusammengesetzt ist, um die weitere Fütterung - insbesondere die Auswahl des passenden Minerals - darauf abstimmen zu können, sowie
Erklärungen und Ansatzpunkte dafür zu finden, warum dein Pferd mit gesundheitlichen Problematiken wie z.B. Kotwasser, Husten oder auch unkontrollierte Gewichtszunahmen, Heißhunger und Co. zu kämpfen hat.
Hierzu bieten die Labore verschiedene Probenpakete an. Je nach Labor unterscheiden sich die Paketinhalte leicht voneinander. Überlege Dir daher immer, wozu du die Analyse vornehmen möchtest und welche Ergebnisse du zwingend benötigst und vergleiche im Anschluss gerne auch verschiedene Anbieter miteinander.
Am Ende des Beitrags findest du einen kleinen Überblick über die geläufigsten Anbieter und die jeweils verfügbaren Testpakete.
Was kann ich testen lassen?
Wie oben bereits erwähnt, gibt es diverse Untersuchungspakete. Um das richtige für dich herauszupicken, gilt es zu verstehen, was sich genau hinter den einzelnen Untersuchungsparametern verbirgt. Zuerst daher ein paar Erklärungen zu den wichtigsten Punkten und deren Bedeutung für unser Fütterungsmanagement:
Inhaltsstoffe: Der Grundbaustein der Inhaltsstoffanalyse ist die Weender Futtermittelanalyse, benannt nach der Versuchsstation Weende bei Göttingen. Sie beschreibt vereinheitlichte Methoden zur Bestimmung der Parameter Wasser (Trockensubstanz), Rohasche, Rohprotein, Rohfett und Rohfaser. Diese Grunddaten finden sich in allen gängigen Testpaketen der Labore wieder. Darüber hinaus ist eine Bestimmung des für das Pferd tatsächlich nutzbaren Anteils an Rohprotein sinnvoll. Diesen Anteil des Rohproteins nennen wir "dünndarmverdauliches Rohprotein" (dvRp oder dvXP) oder auch "praeceal verdauliches Rohprotein" (pcvXP oder pcvRp).
Energiegehalt: Der Gehalt an für das Pferd nutzbarer Energie wird vom Labor mithilfe einer speziellen Schätzformel berechnet. Wichtig ist hierbei, auf die verwendete Einheit zu achten. Derzeit arbeiten wir in der Rationsberechnung und -beurteilung mit dem Begriff der "metabolisierbaren bzw. umsetzbaren Energie" (ME Pferd). Einige (insbesondere "günstigere" Labore) verwenden jedoch noch die inzwischen veraltete bzw. in der Praxis nicht mehr verwendete Einheit "verdauliche Energie" (DE Pferd).
Zucker: Zucker gehören zu den Nicht-Faser-Kohlenhydraten und sind vom Pferd leicht und schnell verwertbar. Bei der Weender Analyse sind sie Bestandteil der NfE-Fraktion. Im Rahmen der Untersuchung werden Mono- und Disaccharide wie Glucose, Fructose, Lactose, Maltose oder Saccharose erfasst. Es dürfte keine Überraschung sein, dass zu viel Zucker für ein Pferd ungesund ist. Im Rahmen der Fütterung von Freizeitpferden streben wir einen möglichst niedrigen Zuckeranteil, jedoch maximal 10% an. Bei Sportpferden dürfen es auch mal 12% sein, wenn diese voll im Training stehen und normalgewichtig sind. Eine Auswertung des Gesamtzucker-Anteils ist daher immer sinnvoll und wichtig für die Einordnung der Tauglichkeit des getesteten Heus.
Mengen- und Spurenelemente: Mineralstoffe sind anorganische Elemente, die für den Organismus lebensnotwendig sind und mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Basierend auf der erforderlichen Konzentration werden sie in Mengenelemente (mehr als 50 mg/kg Körpergewicht erforderlich) und Spurenelemente (weniger als 50 mg/kg Körpergewicht erforderlich) eingeteilt. In den meisten Untersuchungspaketen wird im Bereich der Mengenelemente die Konzentration an Ca (Calcium), P (Phosphor), Na (Natrium), Mg (Magnesium) und K (Kalium) sowie im Bereich der Spurenelemente der Gehalt an Cu (Kupfer), Zn (Zink), Mn (Mangan), Fe (Eisen) und S (Schwefel) bestimmt. Die Bestimmung von Se (Selen) und Jod (J) ist im Standard-Mineralstoffpaket meist nicht enthalten. Dies liegt daran, dass deren Bestimmung für das Labor aufwendiger und damit teurer ist. Die Bestimmung dieser beiden Parameter muss somit gesondert beauftragt werden.
Keimzahlbestimmung: Die mikrobiologische Qualität eines Futtermittels lässt sich anhand der Keimzahlbestimmung ableiten. Hierbei spielen die Pilzkeimzahl (Schimmelpilze, Hefen, Mucoracee) und Bakterienkeimzahl (Produkttypische Bakterien, Verderb anzeigende Bakterien, Streptomyceten) eine große Rolle. Durch diese Analysen erhalten wir Aufschluss über Verderb und mögliche Ursachen für eine mögliche Futterverweigerung sowie gesundheitliche Probleme wie Husten, Kotwasser und Co.
Giftplanzen und Fremdkörper: Giftpflanzen im Heu können ernsthafte gesundheitliche Folgen bis hin zum Tod eines Pferdes nach sich ziehen. Nicht immer sind diese dabei mit bloßem Auge erkennbar. In einigen Fällen kann daher eine zusätzliche Untersuchung auf das Vorhandensein von z.B. Herbstzeitlosen oder Kreuzkraut sinnvoll sein. Zusätzlich ist in einigen Laboren die Bestimmung des Sandgehalts im Heu bereits enthalten bzw. gesondert zubuchbar.
Wann sollte ich mein Heu testen?
Aus meiner Sicht ist eine Heuanalyse insbesondere dann unerlässlich, wenn
mehrere Pferde des gleichen Stalls an wiederkehrenden, anhaltenden Problemen wie Kotwasser, Husten, schlechtem Immunsystem etc. leiden
eine Verweigerung des Raufutters beobachtet wird
aufgrund von optischen, haptischen oder geruchsbedingten Gründen mangelnde Qualität zu vermuten ist (Heu juckt oder kratzt in der Nase, vermehrte Staubbildung, klammer Griff, saurer, modriger oder untypischer Geruch...)
dein Pferd ohne sichtbaren Grund massiv ab- oder zunimmt, schlechte Blutwerte aufweist, ein Leistungsabfall oder Muskulaturabbau trotz Trainings zu beobachten ist oder keine Fresspausen zu erkennen sind
größere Mengen zugekauft werden sollen.
Fakt ist gleichzeitig aber auch: Heu kann äußerlich eine super Qualität haben, und deshalb trotzdem zu Problemen führen. Sehr hohe oder sehr niedrige Nährstoffanteile, hohe Zuckerwerte oder niedrige Proteinanteile sind von außen nicht sichtbar.
Ohne Kenntnis darüber, wie dein Heu genau zusammengesetzt ist, stehst du immer vor den folgenden Herausforderungen:
Wird keine auf Analysenergebnissen basierende Rationsberechnung durchgeführt, kann es zu Fehleinschätzungen beim Mineralfuttereinsatz, sprich einer unpassenden Supplementierung von Nährstoffen, kommen. Gleichzeitig können nicht rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um z.B. Mineralstoff-/Spurenelementmängel zu verhindern. Gerade hier zeigen sich große Unterschiede von Probe zu Probe sodass ein Verlass auf Durchschnittswerte durchaus risikobehaftet sein kann.
Ein schönes Beispiel hierzu habe ich dir einmal rausgesucht: Kaum einer der getesteten Werte (hellgrün) entspricht dem bundesweiten Durchschnitt (dunkelgrün). Würde man nun aufgrund der Durchschnittswerte mineralisieren, könnte die Fütterung nur teilweise den Bedarf des Pferdes abdecken. Anhand der Heuanalyse konnte die Mineralisierung jedoch passgenau abgestimmt und Über- wie Unterversorgungen verhindert werden.
Auch im Hinblick auf die Energie- und Proteinversorgung wird es schwierig eine passgenaue Abstimmung der Kraftfutter-Komponenten vorzunehmen ohne die Gehalte im Heu zu kennen.
Der Wechsel auf eine Heucharge mit hohen Zuckerwerten - meist auch noch in Kombination mit einem hohen Energiegehalt - kann auch ohne Erhöhung der Futtermenge zu einem rasanten Gewichtsanstieg deines Pferdes führen. Gleichzeitig führen hohe Zuckermengen im Heu zu einer Art "Heißhunger" und lassen Pferde auch über die Appetitgrenze hinaus weiter fressen. Es entsteht ein unschöner Kreislauf, der ohne Kenntnis über die Ursache der Problematik oft nicht durchbrochen werden kann.
Des Weiteren kann dein Heu mit Milben, Schimmelsporen, Pilzen und Co. besetzt sein, obwohl es ordentlich verarbeitet und gelagert wurde. Insbesondere bei Allergikern, Asthmatikern und anderen vorbelasteten Pferden können erhöhte Keimzahlen schnell zu einer massiven Verschlechterung des Allgemeinzustandes führen.
Du siehst schon: So eine Analyse ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll und in meinen Augen definitiv eine wichtige Investition in die Gesundheit deines Pferdes. Natürlich gibt es Einzelfälle, in denen eine Beprobung wenig sinnvoll bzw. nicht aussagekräftig ist (zum Beispiel dann, wenn du viele Kleinstmengen von unterschiedlichen Lieferanten beziehst und eine Testung jeder einzelnen Charge daher wirtschaftlich nicht sinnvoll ist). In den meisten Fällen bringt eine Untersuchung jedoch wichtige Erkenntnisse, um einerseits eine zielgerichtete Ergänzung der Ration, andererseits aber auch wichtige Maßnahmen in punkto Hygiene und Co. einleiten zu können.
Noch ein zusätzlicher Kostenfaktor?
Je nach Kombination der Untersuchungspakete liegen die Preise der Untersuchungen in etwa zwischen 50 - 150€. Im Vergleich zu auflaufenden Tierarztkosten, Investitionen in unpassende Futtermittel oder auch die Verschwendung von Futtermitteln ist das meines Erachtens nach doch noch eine verschmerzbare Summe. Zudem sollte man die wirtschaftlichen Vorteile einer Heuanalyse nicht unterschätzen:
Für alle Stallbetreiber, Selbstversorger und Haltergemeinschaften lassen sich durch die Kenntnis der Inhaltsstoffe die Heumengen exakter abstimmen und somit die Verschwendung von Heu reduzieren. Durch eine Testung von Heu vor dem Zukauf lassen sich zudem "Fehlinvestitionen" in Lieferungen rein optisch nicht ersichtlicher mangelhafter Qualität vermeiden.
Das Krankheitsrisiko durch Überfütterung und damit zusammenhängender Entstehung von Rehe, Adipositas, EMS und Co. wird gesenkt.
Wird eine Rationskalkulation auf Basis einer Heuanalyse durchgeführt, lassen sich unnötige Zusätze vermeiden und das Kraft- und Mineralfutterpensum auf das Nötigste reduzieren. Somit werden auch die Kosten für Kraftfutter auf ein notwendiges Minimum beschränkt.
Wenn du die Kosten nicht alleine tragen möchtest, so hör dich doch mal in deinem Stall um: Oftmals finden sich unter den Einstellern Gleichgesinnte, mit welchen man die Kosten aufteilen kann. Such gerne auch mal das Gespräch mit deinem Stallbetreiber - schließlich hat eine Beauftragung auch für ihn durchaus nutzbare Vorteile. Im Idealfall gibt es sogar bereits Analysen, auf deren Ergebnisse du zurückgreifen darfst.
Hinweise zur Probenentnahme
Du hast dich für eine Analyse entschieden? Prima! Damit dein Ergebnis auch verwertbar ist, und nicht "verfälscht" wird, solltest du bei der Entnahme der Proben ein paar Punkte beachten:
Heuproben immer erst nach Ende der Ablagerungszeit von 8 - 12 Wochen entnehmen
Immer mehrere Einzelproben entnehmen, diese in einem sauberen (!) Eimer oder auf einer sauberen Unterlage gut durchmischen und anschließend in eine Papiertüte (zB Bio-Kompostbeutel) füllen. Wichtig dabei:
Bei geöffneten Rundballen die Randschicht auslassen, und aus allen weiteren Schichten von außen nach innen Einzelproben nehmen.
Bei geöffneten Quaderballen von einer Ballenseite zur anderen Einzelproben entnehmen.
Bei geschlossenen Heuballen kannst du mithilfe eines Bohrstocks / Unkrauthakens etc. mittig bis zum Kern einstechen, damit auch alle Schichten erfasst werden und du an das Innere des Ballens gelangen kannst.
Das Probenmaterial darf nicht in Kontakt mit Einstreu / Dreck oder anderen Materialien gekommen sein und sollte vorher auch nicht auf dem Boden gelegen haben
Vor Versand die jeweils vorgeschriebenen Mindestmengen beachten! Im Zweifel packe lieber etwas zu viel Probenmaterial ein, als zu wenig.
Richtig verpacken: Das Heu sollte in einer sauberen Verpackung (z.B. der Papiertüte) verschlossen und anschließend gemeinsam mit dem ausgefüllten Untersuchungsauftrag in einem Umkarton verpackt werden.
Im Normalfall findest du auf den Websites der Labore immer auch eine Anleitung zu Probenentnahme und -versand, anhand der du Einzelheiten nachlesen kannst.
Überblick der einzelnen Anbieter
Es gibt inzwischen eine Vielzahl an Laboren, die Grundfutteranalysen für Pferde anbieten. Untenstehend habe ich dir einige davon beispielhaft zusammengestellt. Bitte beachte, dass Preise und Inhalte sich jederzeit ändern können (Stand: November 2023):
| LUFA (Nord-West) | LKS Sachsen | Raiffeisen-Laborservice | Agrolab |
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Inhaltsstoffe und Basiswerte | "Inhaltsstoffpaket Heu" TS/Wasser, umsetzbare Energie Pferd (ME), Rohprotein, praecaecal verdauliches Rohprotein (pcv XP), Rohfaser, Hemicellulose, Rohfett, Rohasche, Sand, Zucker, Fruktan, NFC Preis: 45€ | "Vollanalyse" TS, RA, Rpr, Rfa, Rfe, Zucker, praecaecal verdauliches Protein, umsetzbare Energie Preis: 36,80€ "Fruktan" Preis: "Aminosäurenpakete" Lysin, Methionin, Cystein, Threonin, Valin, Histidin Preis: | "Futtermittelanalyse Basis - Pferd" Trockenmasse, RA, Rfa, Strukturwert, Rpr, Nutzbares Rpr (nXP), Ruminale, Stickstoff-Bilanz (RNB), Zucker + Fructan, Stärke, Rohfett, NDF org. (Neutral detergent fibre), ADF (Acid detergent fibre), ME Preis: 49,90€ | "Nasschemische Untersuchung - Einzelfuttermittel + pcvXP GfE" TS, XA, XP, XL, XF, NDF, NfE, ME-/DE-Pferd, NDIXP, NDSXP, dvRp |
Mengen- und Spurenelemente | "Mineralstoff- und Spurenelementpaket" Ca, P, Na, Mg, K, Cu, Zn, Mn, Fe, S Preis: 39€ "Selen" Preis: 63,50€ "Jod" Preis: 45€ | "Mineralstoffpaket P11" Ca, P, Na, Mg, K, Cl, S, Cu, Zn, Mn, Fe Preis: 34,20€ "Selen" Preis: 39,20€ "Jod" Preis: 48,40€ "Vitamine" Vitamin A, D3, E, C, Beta Karotin Preis: | "Futtermittelanalyse Kombi - Pferd" Basis (s.o.) plus Ca, P, Na, Mg, K, Cl, S, Cu, Zn, Mn, Fe, Bo Preis: 94,50€ "Selen" Preis: 49,90€ | "Mineralstoffe und Spurenelemente" Ca, P, Na, Mg, K, Cu, Fe, Zn, Mn |
Hygiene und -tauglichkeit | "Gesamtkeimzahl" Schimmelpilze, Hefen, Mucoraceen, Bakterien Preis: 74€ zusätzl. Untersuchung auf Kreuzkraut oder Herbst-zeitlose Preis: 43€ | "Hefen- und Schimmelpilze inkl. Hefendifferenzierung" Preis: 36,40€ "Bakterien" Preis: "Mykotoxine" Preis: "Sandgehalt" Preis: 18,20€ | "Schimmelpilze und Giftpflanzen" Preis: 43,50€ "Schwermetalle" Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Zink Preis: 41,90€ | "Mikrobiol. Beurteilung" Hefen, Pilze, Bakterien "Keimgruppenbestimmung" |
Benötigte Probenmenge | mind. 300g | mind. 500g | mind. 700g | 700 - 1000g |
Formular zum Download | Online hier möglich | |||
Website | https://www.lufa-nord-west.de | https://www.lkvsachsen.de | https://www.raiffeisen-laborservice.de | https://www.agrolab.com/de |
Darf ich Dir helfen?
Du hast dein Heu analysieren lassen, benötigst aber Hilfe bei der Interpretation der Ergebnisse? Melde dich gerne bei mir und ich unterstütze dich bei der Auswertung und der Ableitung der richtigen Maßnahmen.
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